Photokina Erlebnisse

Dank des Auswärtsspiels vom FC St. Pauli in Köln, hatte ich einen perfekten Anlass die Photokina 2012 gleich am ersten Tag zu besuchen. Und es war wunderbar – viele tolle Gespräche, interessante Menschen, hervorragende Bilder unterschiedlichster Art, die dort gezeigt wurden und natürlich viel Technik. Einiges habe ich ja gestern schon getwittert. Da nicht alles in 140 Zeichen reinpasst, hier noch etwas ausführlicher.

Etwas versteckt in einer unerwarteten Halle fand ich von Ilford ein 3D-Display in faszinierender Darstellung. Kein Wunder, jedes Bild auf dem rund ein Meter breiten Display hat mehr als 2GB an Daten. Ich habe versucht die sehr plastische Darstellung mit einem kleinen iPhone Filmchen einzufangen. Dabei bewege ich mich von rund einem Meter Abstand bis direkt auf’s Display zu. So dicht stehst du normalerweise natürlich nicht vor dem Bildschirm und die Darstellung ist dann noch wesentlich besser. Es war aber auf die schnelle die beste Möglichkeit, um die Plastizität mit meinen beschränkten Möglichkeiten einzufangen.

Von diesem Prototypen gibt es aktuell wohl nur ein Anwendungsbeispiel in (ich glaube) der domenikanischen Republik als eine Werbewand. Auf jeden Fall ein echter Hingucker.

Apropos Displays: EVF – elektronische Sucher – waren lange Zeit ein abolutes Nogo bei Kameras. In jüngster Zeit hat sich durch OLEDs sehr viel getan. Der Sucher der NEX7 sieht gut aus und hat wie der Sucher der Fuji X-E1 über 2,3 Millionen Bildpunkte. Beide Kameras produzieren ein sehr feines Sucherbild, aber der Sucher der nagelneuen Lumix GH3 hat mir persönlich noch besser gefallen, obwohl er rund 600000 Bildpunkte weniger hat. Nach meinem Eindruck wurden schnelle Schwenks mit weniger Rucklern dargestellt und das direkte Anschauen heller Lichtpunkte führte zu weniger Überstrahlung. Alle drei Kameras spielen bei den Suchern aber in einer hohen Liga, so dass ich nun auch zu einer Kamera mit EVF greifen würde.

Wem eine Sony Nex zu preiswert ist, kann sich nun eine Hasselblad kaufen: gleiche Technik, aber anderes Äußeres. Auf dem Stand von „Lunar“ waren sehr viele interessierte Japaner, so dass ich es nicht geschafft habe, eine solche Kamera mal anzufassen. Ich bin ja durchaus ein Freund von guter Haptik, aber hier ist der Preis wohl etwas zu hoch. Nur bin ich gespannt, ob die angekündigten Zeiss-Objektive auch bei dieser Sensorgröße eine neue Qualitätsstufe erreichen.

Der Carl Zeiss-Stand war übrigens der einzige, bei dem ich bemerkte, dass neben Presse und VIPs auch Blogger am Empfangtresen begrüßt wurden. Überhaupt war der Umgang mit den präsentierten Objektiven dort sehr entspannt. Wenn ich eine Speicherkarte dabei gehabt hätte, wäre es möglich gewesen nun Testbilder zu zeigen. Hatte ich nicht dabei, daher in der Galerie nur ein abfotografiertes Display von einem Bild mit dem neuen 135mm f/2. Dies machte einen hervorragenden Eindruck in Schärfe, Bokeh und CAs. Vielleicht habe ich mein 100mm Objektiv von Zeiss zu früh gekauft…

Überhaupt nicht entspannt waren dagegen die Promoter bei Leica. Immerhin durfte ich wenigstens mal durch eine Monochrom durchschauen, aber das ist natürlich gerade bei der Kamera überhaupt nicht spannend. Dafür wurde dort sehr auf Sauberkeit geachtet – nach jedem Anfassen eines Standbesuchers wurden die Kameras erstmal mit einem Mikrofasertuch bearbeitet. Umso besser war die Leica-Galerie, die die Vielseitigkeit der von Fotografie schön auf die Fläche brachte. Ich frage mich nur, warum bei Platon’s „Bilder der Macht“ kein Portrait von Frau Merkel dabei war.

Angenehm überrascht war ich über den Plausch mit Hasselblad über die H5D und bei Phase One über ihre Kameras. Bei letzterem wurde auch noch mal schnell ein Modell für mich ins richtige Licht gesetzt, damit ich mich von der Qualität der Phase One überzeugen kann. Anschliessend konnte ich mir mein Bild auf einem 27 Zoll iMac in voller Größe betrachten. Eine sehr anschauliche und praxisnahe Darbietung. Und ich muss sagen, dass mir die Phase One besser in der Hand liegt als eine H5D.

Das sind natürlich alles sehr individuelle Beobachtungen. Hilfreich fand ich die Gespräche mit PocketWizard, Profoto und auch Nikon, bei denen ich dank Presseakkreditierung sofort von einem Fachmann gute Ratschläge im Umgang mit dem Autofokus der D4 bekommen habe. Dieser reagiert nämlich direkter auf Bewegung als das AF-Modul meiner D3 (oder auch der D3s), weshalb unter bestimmten Umständen eine längere Einstellung bei a3 Fokus Lock-On verwendet werden sollte. Werde ich ausprobieren…

Hinter Glas war übrigens die Sony RX1, die erste Kompakte mit Vollformatsensor. Ich habe die Promoterin aber sehr glücklich gemacht, als ich meinte, dass die RX1 eine kleine Leica M für’n halben Preis sei. Vermutlich weiß sie nun endlich, was Sony mit diesem Produkt bezwecken will. Mir persönlich kommt das nämlich tatsächlich etwa so vor als ob Sony einfach mal schauen will, was technisch so geht. Hoffentlich verzetteln die sich nicht. Mit den A-Modellen wollen sie ja auch in den Profi-Fotografenbereich und daher war ich schon erstaunt, dass das 300mm f/2.8 noch teurer ist als die auch nicht gerade preiswerten Geschwister von Nikon und Canon.

Das macht Fuji anders: die hauen ja gerade eine Kamera nach der nächsten auf den Markt. Die X-E1 ist eigentlich die X-Pro1, aber für’n halben Preis. Auch ein Konzept, aber ein Kundenfreundliches 🙂

  1. Hallo Stefan

    Noch ein paar Anmerkungen zu den letzten Blogg-Einträgen. Deine Idee das besagte 3D-Display einfach abzufilmen, war genau richtig. Ich erinnere mich an eine simple Bootstour, wo ich das eine oder andere Bildchen aus dem fahrenden Boot geschossen hatte. Dieselben Szenen – Fahrt um die vorspringende Felsspitze – hätten gefilmt viel besser gewirkt und (!) fast einen 3D-Effekt ergeben. Insofern konnte das simple iPhone-Filmchen tatsächlich einen 3D-Eindruck geben.

    >> Überhaupt nicht entspannt waren dagegen die Promoter bei Leica. Immerhin durfte ich wenigstens mal durch eine Monochrom durchschauen, aber das ist natürlich gerade bei der Kamera überhaupt nicht spannend. Dafür wurde dort sehr auf Sauberkeit geachtet – nach jedem Anfassen eines Standbesuchers wurden die Kameras erstmal mit einem Mikrofasertuch bearbeitet. <<

    Ganz im Gegenteil zur vollmundigen Ankündigung: „Leica hat die komplette Halle 1 gemietet“, fand ich die Realität, das Ergebnis erbärmlich. Eine düstere, mit größter Mühe (nicht!) gefüllte Fläche und als Höhepunkt dann noch deine Beschreibung der abgeputzten Kameras… Dieses von der Thekenmannschaft vorgelebte Verhalten ist genau das, was manchen Fotografen regelrecht zum Leica-Hasser werden lässt. Vitrinen-Kameras für (neu)reiche Angeber, die nur mit Samthandschuhen angefasst werden dürfen. Um Gottes willen nicht dran drehen, gar auslösen. Oder bornierte Besucher, die zur Galerie-Eröffnung mit einem Sektchen in der einen Hand in schlecht gespielter Überlegenheit ihre analoge – FILMLOSE – M-Leica so geschickt „verstecken“, dass sie garantiert jeder sieht. Habe ich jetzt schon öfters genossen, diesen „Anblick“. Um nicht missverstanden zu werden: es gibt ganz sicher Könner, die in der Lage sind sehenswerte Fotos mit einer M-Leica aufzunehmen!

    Und hinter der Leica-Photokina-Höhle kam dann ein noch dunkleres „Loch“ – die Fotogalerien. Wobei ich mitunter den Eindruck hatte, dass da – eben hinter der Leica-„Halle“ – suggeriert werden sollte, ALLE Fotos seien mit Leica gemacht. Egal, ob sie aus den 1970er Jahren und mit der damaligen Nikon F/F2 samt 1,8/85 und 2,8/180 aufgenommen wurden. Wie jemand bemerkte, der bei dem einen oder anderen Politikertreff tatsächlich selbst dabei war.

    Die gezeigten Fotos hatten es übrigens absolut nicht verdient, in der Kölner Messe-Besenkammer unterzugehen. Das sollte die Messegesellschaft unbedingt ändern! Zumal sich der Besucherschnitt erfreulich verjüngt hat! Ohne dann ausschließlich vor den Ständen mit Smartphones ohne Telefoniermöglichkeit – äh entsprechenden Kameras (Samsung!) – ehrfürchtig zu erschauern…

    Ralf

    1. Die aktuelle c’t Digitale Fotografie stellt das dann richtig: D800 gegen Hasselblad. Hasselblad gewinnt, aber nur mit maßvollem Vorsprung. Die Nikon D800E ist hervorragend und bei Fotos, wo der AF und höhere ISO gefordert sind, hat sie die Nase vorn… Bei Landschaft-, Sach-, Landschaftsfotografie ist die Hasselblad vorn.

      Siehe auch:

      Ralf

      1. Wenn du anschließend die Bilder nur ins Web stellst, schmilzt auch der Vorsprung.
        Ich hoffe, irgendwann wird eine Kamera wieder als Werkzeug gesehen. Unterschiedliche Kameras für unterschiedliche Aufgaben. Du nimmst auch keinen Vorschlaghammer, um einen Nagel in die Wand zu schlagen.

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