Selfie mit Leica M11 und neuer Firmware
Mit der Leica M11 im Einsatz

Leica M11 – mit neuer Firmware 1.3 noch besser?

Bei meinem ersten Bericht über die Leica M11 beschränkte ich mich auf wenige der Neuerungen der Kamera. Da es über 40 dieser Verbesserungen gegenüber den Vorgängermodellen gibt, ist hier nun Platz und Zeit für einige Ergänzungen und Tipps im Umgang mit der M11.

Meine Betatest-M11 muss ich nun Ende März zurückschicken, aber seit der Veröffentlichung hatte ich weiterhin Gelegenheit das neuste Modell der Messsucherkamera aus Wetzlar einzusetzen. Dabei konnte ich mich nun auch von der High-ISO Qualität der Leica M11 überzeugen. Ich testete vorab die neue Firmware 1.3 ausführlich – diese ist nun auch für alle verfügbar. Mit dieser kommt die aus der M10 gekannte Perspektivenkorrektur nun auch in die M11. Brandneu ist die neue Belichtungsmessmethode „helle Bereiche betont“. Besonders diese habe ich sehr intensiv getestet. Natürlich enthält die neue Firmware auch einige Bugfixes, wie zum Beispiel eine bessere Verständlichkeit bei den Speicherwahlmöglichkeiten.

Übrigens wird es auch neue Firmwares für die M10 Modelle geben. Die einzige Ergänzung ist dabei aber nur, dass der neue elektronische Sucher Visoflex 2 mit diesen Kameras funktioniert. Versprich dir aber bitte nicht zu viel davon: der Sucher ist sehr stromhungrig und schluckt die kleineren Akkus der M10 echt fix leer.

Perspektivenkorrektur

Für Besitzer der M10 Reihe ist die Perspektivenkorrektur nicht neu, ist jetzt aber auch in der M11 verfügbar. Der Lagesensor der Kamera rückt automatisch das Bild gerade. Das ist toll bei Architekturaufnahmen. Zu sehen ist die Auswirkung logischerweise nur im Liveview. Ein viereckiger Kasten zeigt das entstehende Bild an. Angewendet wird das im JPG direkt in der Kamera. Im RAW kann das nur Lightroom auslesen, Capture One nicht. Natürlich ist im RAW auch nachträglich eine händische Korrektur möglich.

Ich nutze diese Möglichkeit gerne, wenn ich ein Bild an schlecht zugänglichen Stellen mache – zum Beispiel direkt über dem Boden, wenn eine Kontrolle über die Kamerahaltung nicht immer hundertprozentig gegeben ist. Faszinierend finde ich, wie schnell und fehlerfrei diese Option funktioniert. Ich wünsche mir, dass dieser Lagesensor zukünftig die automatische Belichtungszeit beeinflusst. Hier kann ich nur feste Vorwahlen treffen, z.B. 1/4f also mindestens die 4-fache Brennweite: mit einem 50mm Objektiv bekomme ich längstens 1/200s von der Kamera ausgewählt, es sei denn für die gewählt Blende und ISO geht das nicht. Eine solche Auswahl reicht in aller Regel aus, aber was ist, wenn ich mich auf einem stark schwankenden Boot befinde? Der Lagesensor kann das problemlos feststellen und könnte dann eine kürzere Belichtungszeit vorwählen. Somit müsste ich bei einer Leica noch weniger über die Grundlagen der Fotografie nachdenken 🙂

Neue Firmware, neue Belichtungsmessmethode

Nun „helle Bereiche betont“ macht das, was es sagt: es betont helle Bereiche. Das spannende dabei ist, dass diese Automatik offensichtlich die ETTR Belichtungsmethode optimal ausnutzt. Zumindest soweit dies eine Automatik kann. Falls dir ETTR nichts sagt, verweise ich gerne auf meine Erklärung hier im Blog. Kurz gesagt können digitale Sensoren in den hellen Bereichen mehr Informationen aufnehmen als in den dunklen. Gleichzeitig neigen die Kamerasensoren dazu, bei Überbelichtungen die Informationen abzuschneiden. Es ist ein schmaler Grad, den Sensor optimal auszunutzen und gleichzeitig alle Details zu behalten. Deswegen – und weil der Effekt der verlorenen Informationen bei den früher eingesetzten CCD Sensoren deutlich ausgeprägter war – neigen Anwender dazu, lieber zu kurz als zu lang zu belichten. Dadurch wird allerdings das Rauschen stärker.

Leica versucht dieses Dilemma mit einer Automatik zu lösen. Das funktioniert überraschend gut, auch weil der neue Sensor mit Überbelichtungen sehr gut zurecht kommt. Menschen, die am liebsten gleich in JPG fotografieren, werden mit dieser Automatik nicht glücklich werden, weil es das Bild in der Regel leicht überbelichtet. Im RAW Konverter muss das DNG aus der M11 oft bei der Belichtung leicht nach unten korrigiert werden.

Da es eine solche Automatik (meines Wissens nach) nur noch bei Nikon gibt, da aber komplett anderes (und nicht so intelligent) funktioniert, sind Anwender hier vielleicht zunächst irritiert. Aber probiere es mal aus. Ich war mit den Ergebnissen sehr zufrieden und von der Funktionalität beeindruckt.

Neue Belichtungsmethode in der neuen Firmware 1.3
Das Bild links ist im gängigen Matrixmodus automatisch belichtet und benötigt keine Korrektur. Das rechte Bild mit weißem Rand ist im „Lichter betonen“ Modus automatisch belichtet worden und muss für ein vergleichbares Ergebnis um eine Blende nach unten korrigiert werden.

Im obigen Beispiel kannst du gut sehen, wie „helle Bereiche betonen“ funktioniert. Es belichtet das Bild optimiert zu hell. Klingt ein wenig verrückt, ist aber wirklich intelligent von Leica gelöst. Seine Vorzüge spielt dieser Modus im High Iso Bereich aus, denn das Rauschen wird so minimiert.

High ISO mit der Leica M11

Bei 60MP und hohen ISO Werten denke ich immer an meine Nikon D3 zurück. Das war die erste Kamera, die bei ISO6400 brauchbare Ergebnisse geschafft hat. Eine Königin der Nacht – mit 12MP. Tja, das ist nun 15 Jahre her. Die Leica M11 schafft deutlich bessere Ergebnisse mit ihren 60 Megapixel. Natürlich auch, weil die Betrachtungsgröße gleich geblieben ist und die Kompression dann das Rauschen minimiert. Trotzdem faszinierend, wie die Technik sich verbessert hat. Hier ein Beispiel in der Dämmerung bei ISO12500.

ISO12500 mit der Leica M11
ISO12500 mit der Leica M11

Die schnellste Leica M

Leica M Modelle sind keine High-Speed-Sportkameras. Dennoch kann es natürlich mal notwendig sein, schnelle Bildfolgen zu erstellen. Die Leica M11 hat neben dem Modus für die Einzelaufnahme auch zwei für schnelle Serienaufnahmen. Die schnellere von beiden schafft 4,5 Bilder pro Sekunde. Natürlich nur, wenn die Belichtungszeit kurz genug gewählt ist und eine schnelle Speicherkarte in der Kamera steckt. Bei meinen Tests konnte ich bei Verwendung der vollen Auflösung diese Geschwindigkeit nur die ersten gut zwei Sekunden aufrecht halten, dann verlangsamte die Buffergröße die Auslösegeschwindigkeit. Innerhalb von 10 Sekunden schaffte ich mit meinem Set-up dennoch rund 30 Bilder. Damit mag die M11 die schnellste M-Kamera überhaupt sein. Mit anderen aktuellen spiegellosen Systemkameras kann sie dabei natürlich nicht mithalten. Das ist aber auch nicht das Metier einer Leica M.

Übrigens hat die Leica M11 die neue Option, ein Kontrollbild beim Drücken des Auslösers anzeigen zu lassen. Da ich mit dem linken Auge fotografiere, habe ich die Möglichkeit, mir das letzte Bild direkt auf dem Display anzeigen zu lassen, grundsätzlich bei allen meinen Kameras bisher ausgeschaltet. Es würde mir immer ins rechte Auge leuchten. Nun kann ich mir mein letztes geschossenes Foto dennoch auf dem Display anzeigen lassen. Ich muss nur den Auslöser gedrückt halten. Im Normalfall bleibt der Monitor also dunkel und wenn ich doch mal schnell sehen will, ob alles so belichtet ist, wie ich es mir wünsche, lasse ich einfach den Finger auf dem Auslöser und nehme kurz die Kamera vom Auge. Das Display zeigt mir das Foto dann solange ich den Auslöser gedrückt halte.

Mit dieser Einstellung ist es im Einzelbildmodus übrigens auch schneller möglich erneut auszulösen. Ich kann diese neue Einstellung also sehr empfehlen.

Fazit zur Leica M11 mit Firmware 1.3

Die Leica M11 überzeugt mich nun seit Ende August 2021 und sie ist mit der neuen Firmware noch besser geworden. Ich habe mich wirklich intensiv mit dieser Kamera beschäftigt und für mich ist und bleibt sie die beste Messsucherkamera, die es aktuell auf dem Markt gibt. Wenn du mit dieser Art zu fotografieren umgehen kannst, lohnt sich ein Kauf dieser Kamera auf jeden Fall. Es ist ein tolles Stück Technik, die dabei aber nicht die verbaute Technik in den Vordergrund stellt. Alles an dieser Kamera ist optimiert, um den Fotografen und die Fotografin unbemerkt zu unterstützen. Die M11 drängt sich nicht zwischen Auge und Objekt, sondern ist das Instrument, dass beide Seiten glänzen lässt.

Sie hat mich mit dem Messsuchersystem versöhnt. Vielleicht kaufe ich sie mir doch…

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert