Der 18500€ 50mm Objektivtest

Ich hätte als Titel auch „Ist doppelt so teuer auch doppelt so gut?“ wählen können, aber hättest du dann hier rein geklickt? Also um was geht es? Es geht um 50mm Objektive. Die heissen im Kleinbildbereich Normalobjektive, weil sie relativ nah an der Diagonalen des Bildsensors liegen und daher das Fotografierte normal darstellen. Sie gelten als unspektakuläre Linsen. Gerade deswegen mag ich diese Brennweite so, weil sie bei Environmental Portraits ohne Effekthascherei auskommt und die Person sehr natürlich im Raum wirken lässt.

Und was soll der Preis im Titel? Ich habe einen Vergleichstest gemacht und dabei drei 50 Millimeter Brennweiten für das L Bajonett von Leica SL, Panasonic S und Sigma fp Kameras miteinander verglichen. Interessanterweise ist immer eine Linse doppelt so teuer als die andere. Und jedes für sich gilt als sehr gutes Objektiv.

Warum ich das gemacht habe? Weil normalerweise Vergleichstest auf so messbare Dinge abzielen, wie Schärfe oder Vignettierung. Letzteres ist ziemlich uninteressant, weil Objektivkorrekturen dies sehr gut rausrechnen können. Schärfe ist natürlich wichtig, aber scharf können mittlerweile eigentlich alle. Viel spannender ist, wie Linsen den Übergang von Schärfe zu Unschärfe hinbekommen. Oder wie ein Bokeh aussieht. Das ist aber kaum messbar. Daher ist es aus meiner Perspektive besser, gleiches mit unterschiedlichen Linsen zu fotografieren und dann zu schauen, wie die Bilder aussehen. Dazu gleich mehr…

Verglichen habe ich folgende Objektive:

  • Panasonic Lumix S Pro 1:1.4/50mm – aktueller Listenpreis: 2499€
  • Leica Summilux-SL 1:1.4/50mm Asph. – aktueller Listenpreis: 5000€
  • Leica Noctilux 1:0.95/50mm Asph. – aktueller Listenpreis: 11150€

Letzteres ist eigentlich nur zum Spaß dabei und um die Gesamtsumme der Linsen für den Titel nach oben zu treiben. Das Ergebnis ist aber trotzdem spannend…

Zunächst aber einer kurzer Blick darauf, warum Schärfe allein wenig hilfreich bei der Beurteilung einer Linse ist. Sieh dir die drei Bilder an – es sind sehr stark herausgeschnittene Teile eines großen Bildes. Die Fotos sind mit einer Leica SL2, also mit einem 47MP Sensor gemacht. Der Unterschied in der Schärfe ist marginal. Oder?

Kannst du erkennen, welches Bild mit welcher Linse gemacht worden ist? Wenn du weißt, wo du hinschauen musst, dann erkennst du zumindest das Noctilux – aber das liegt nicht an der Schärfe. Unten die komplette Szenerie. Die Flaschen sind unten in der Mitte zu sehen. Die Vergrößerung ist also wirklich enorm.

Das ist übrigens das komplette Bild aus dem du oben den Ausschnitt sehen kannst.

Die Bar ist übrigens eine sehr schöne Location unten an den Fischauktionshallen. Und ideal für einen Test, wie die Linsen zeichnen. Dafür muss ich nämlich nur rechts um die linke Ecke gehen. Und schon sehe ich eine wunderbare Perspektive, wie ich sie hier in den Beispielen unten zeige. Dabei habe ich bewusst auf einen Punkt in der Mitte des Raumes scharf gestellt.

Ich kann nämlich sehr leicht auch mit Linsen mit einer geringeren Offenblende ein schönes Bokeh zaubern, wenn ich relativ nah an das eigentliche Objekt herankomme. Ein Objektiv mit f1.4 brauche ich eigentlich nur, wenn ich diese Nähe nicht erzeugen kann, aber trotzdem eine Freistellung benötige. (Lichtstärke mal aussen vor gelassen.) Der Schärfebereich mit einer f1.4er Linse ist bei einer 50mm Optik und 5m Abstand ungefähr so groß, wie mit einer f4er Linse und 3m. (Zudem hat Leica mit dem Summaron 28mm f/5.6 bewiesen, dass selbst solche Optiken einen 3d Effekt und Freistellung erzeugen können.) Zurück zum Beispiel, das ich natürlich durch die Scheibe fotografiert habe, weswegen die Gegenlichtblende teilweise andere Reflexionen an den Bildrändern ermöglicht.

OK, es fällt sofort auf, dass die 50mm beim Noctilux wohl etwas mehr als 50mm sind, denn der Bildausschnitt ist etwas enger. Und ansonsten? Ja, die Ketten von der Decken sind an unterschiedlichen Stellen – die Location liegt auf einem schwimmenden Ponton. Ich hoffe, wir können da alle mal wieder ein Getränk zu uns nehmen und wissen dann, dass das Schwanken nicht am Alkohol liegt 😉

Zurück zum Foto: siehst du die Unterschiede? Ich gehe davon aus, dass du auf dieser Größe die Unterschiede nicht erkennst. Klar, das letzte ist das Noctilux, weil der Bildausschnitt enger ist. Und welches von den anderen beiden ist das preiswertere Panasonic? Welches das Leica Summilux-SL?

Ich behaupte mal, dass du den Unterschied erst in der Vergrößerung siehst. Dazu gleich. Aber selbst in der Vergrößerung sind die Unterschiede marginal. Das Panasonic Lumix S Pro 1:1.4/50mm erkauft sich den Eindruck höherer Schärfe allerdings durch einen höheren Kontrast. Das ist weder schlimm noch verwerflich. Leica macht das gleiche bei den Summicron-SL Linsen. Da die Panasonic Linse „Certified by Leica“ ist, kann ich nur annehmen, dass sie ein Update der etwas älteren Summilux-SL Linse ist. Das würde auch die etwas kleinere Bauweise bei gleicher Lichtstärke erklären. Tatsächlich hat das Panasonic Lumix S Pro 1:1.4/50mm 13 Linsen und dabei 2 asphärische und 3 ED (extra niedrige Zerstreuung), das Leica Summilux-SL 1:1.4/50mm Asph 11 Linsen und dabei 4 asphärische.

Zurück zum Vergleich: schau dir die Bilder im Ausschnitt an. Den etwas anderen Bildwinkel des Noctilux habe ich hier angeglichen.

Fangen wir beim letzten Bild an: das Noctilux hat wegen seiner Offenblende von 0.95 natürlich das weichste Bokeh – und auch die heftigsten Farbränder an den Lampenstielen. Es ist eben eine extreme Linse und die exakte Darstellung von Gegenständen gehört nicht zu ihren ersten Einsatzgebieten. Ich werde sie trotzdem nicht mehr hergeben 😉

Bei den ersten beiden Bildern siehst du nun das Panasonic Lumix S Pro 1:1.4/50mm und das Leica Summilux-SL 1:1.4/50mm Asph. Dabei solltest du auf die Linien im Hintergrund achten. Durch die Kontrastverstärkung des Panasonic Objektivs sind die Linien im ersten Bild etwas definierter und das Bokeh in der Blume etwas unruhiger.

Hast du den Unterschied auf den Bildern mit der Gesamtansicht gesehen? Und siehst du ihn in den Bilder mit dem Bildausschnitt? Ist dir der Unterschied der Preisaufschlag wert?

Bevor du entscheidest: schau dir das letzte Beispiel an. Ich zeige dir gleich dir entsprechenden Vergrößerungen von einem deutlich größeren Bild – die Verschiebung im Hell und Dunkel des Hintergrunds bitte ich zu entschuldigen und nicht zu beachten. Aber bitte die Bilder durch Anklicken vergrößern.

Jetzt mal im Ernst: alle drei Linsen produzieren wundervolle Bilder und bestechen durch eine tolle Zeichnung. Erkennst du welches Bild mit welchem Objektiv gemacht wurde? Hier siehst du zusätzlich, dass trotzdem exakt gleichem Weißabgleich die Farben leicht unterschiedlich sind. Der letzte Unterschied, den diese Linsen bei dem fertigen Bild ausmacht.

Das erste ist wieder mit dem Panasonic Lumix S Pro 1:1.4/50mm. gemacht, das zweite mit dem Leica Summilux-SL 1:1.4/50mm Asph. und das dritte mit dem Leica Noctilux 1:0.95/50mm. Letzteres stellt die Farben etwas kühler dar. Interessant, oder?

Gibt es noch weitere Unterschiede, die nichts mit dem Endergebnis zu tun haben? Ja, Gewicht, Größe und Naheinstellgrenze unterscheiden sich. Bei Gewicht und Größe hat das Noctilux die Nase vorn, weil es keinen Autofokus hat. Unter den AF-Objektiven wiegt das Panasonic Lumix S Pro ohne Gegenlichtblende auf meiner Kaffeewaage 959g, während das Summilux-SL 1098g zu buche schlägt. Beides keine Leichtgewichte, aber das Summilux-SL liegt grandios ausgewogen in der Hand. Dafür hat das Panasonic Lumix S Pro einen schnellen Mechanismus, um manuell scharf zu stellen. Bei der Naheinstellgrenze liegt Panasonic Lumix S Pro mit 44cm vorne, Das Leica Summilux-SL stellt ab 60cm scharf. Das Noctilux ist für den Rangefinder konstruiert und daher erst ab 1m scharf.

Und? Ist doppelt so teuer nun doppelt so gut? Ich behaupte mal nein, was hauptsächlich an den sehr guten Eigenschaften des Panasonic Lumix S Pro 1:1.4/50mm Objektivs liegt. Trotzdem liebe ich die Zeichnung vom Leica Summilux-SL 1:1.4/50mm Asph. und wie gut es in der Hand liegt.

  1. Solange ich nicht weiß, welches das +10k-Foto ist, erkenne ich den Zauber nicht. Wenn ich es wüsste und bei Leica wäre, könnte ich mich aber bestimmt nicht davon frei machen und würde Merkmale finden, die einen höheren Preis rechtfertigen. Es gibt halt Linsen, die man will, Linsen, die man braucht und Linsen, die man brauchen will.

  2. Moin Stefan.

    Ich habe vor einigen Wochen einen Leuchtturm aus zwei Kilometer Entfernung fotografiert, mit einer LEICA SL 2-S. Und einem 75mm. Mit Multishot 96MP. Ich konnte immer noch den Leuchtturm formatfüllend heraus arbeiten, zumindest für das Web. Gedruckt wäre die Aufnahme vier Meter breit geworden. Es ist schon Wahnsinn, was die Objektive heute leisten.

    Ob jetzt eines besser oder schlechter ist…. es muss sich für einen selbst gut anfühlen. Wie meinte Peter über Heidi, ob sie denn das hübscheste Mädchen sei: „Ich weiß es nicht, denn eine andere schau ich nicht an …“ 🙂

    Lieber Gruß nach Hamburg.

    Kai

  3. Ganz schön (Leica) snobbistisch, wie im Übrigen auch der Rest der Seite hier…Fotografie ist 10% Können, 90% Selbstbeweihräucherung und ganz einfach „Poser“ sein.

    Viel Spass noch.

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