Das Leica Summaron-M 1:5.6/28mm Objektiv ist vermutlich die Leica Linse, die aus Sicht des typischen Leica-Fotografen am wenigsten in die Kameratasche passt. Dabei ist sie super klein und leicht. Aber im Karbe’schen Mantra „bloß nicht abzublenden“, bedeutet eine Offenblende von 5.6 eine Verschwendung von Möglichkeiten.
Auch ich habe lange damit gehadert, ob ich mir noch eine 28mm Linse in die Fototasche packen soll. Ehrlich gesagt habe ich auch nur sehr wenige Bilder im Netz gefunden, die mit dieser Linse geschossen wurden und mir gefielen. Der einzige Mensch, der mir zu dieser Linse nur Gutes berichtete und mir tolle Bilder zeigte, war mein Kumpel Josh. Da ich für meine M10 Monochrom eine kleine Immerdabeilinse haben wollte, tippelte ich mehrere Wochen in Gedanken um dieses Objektiv herum und stand dann doch eines Tages bei meinem Lieblingsdealer in Hamburg. Er bot mir an, die Linse erstmal übers Wochenende zu testen. Nach 5 Minuten war mir allerdings klar, ich würde das Summaron-M 1:5.6/28mm Objektiv behalten…
Das Leica Summaron-M 1:5.6/28mm ist ein Nachbau. Die ursprüngliche Version gab es nur mit Schraubgewinde und wurde von 1955 bis 1963 gebaut. Die jetzige Fassung hat die optische Rechnung von damals übernommen und das Bajonett geändert. Das 28mm Objektiv ist schon nicht mal 2cm lang und kaum 170g schwer. Unglaublich, dass man damit Fotos machen kann – aber es ist dann halt doch eine typische Leica Linse. Denn sie hat ein tolles Kontrastverhalten und eine wunderbare Zeichnung. Letzteres vermittelt eine analoge Anmutung. Es ist mir ein Rätsel, wie Leica das immer wieder mit diesem Formfaktor bei den M-Optiken hinbekommt.
Auch Schärfe bietet die Linse, selbst bei den 40 Megapixel einer M10 Monochrom. Erst am äußeren Rand nimmt das Auflösungsvermögen ab. Ich behaupte allerdings, dass du das erst bei der 1:1 Vergrößerung siehst. Im größten Bereich des Sensors ist die Auflösung einer modern gerechneten Optik ebenbürtig.
Zeig doch mal Beispielbilder…
Natürlich hat das Summaron nicht diesen unbeschreiblichen Look der Summiluxe und Noctiluxe. Aber auch mit der relativ kleinen Offenblende von 5.6 schafft die Linse schöne Bildwirkungen. Zunächst zeige ich dir hier ein Bild von Park Fiction bei üblichem Hamburger Schmuddelwetter. Du kannst hier die sehr typische Anmutung sehen. Immerhin darfst du nicht vergessen, das Bild kommt so nahezu aus der Kamera! Also es ist kein OOC JPEG, aber ich habe ein 1-Klick-Preset in Capture One. Alle meine Monochrom Bilder bekommen dieses Preset und in den allermeisten Fällen muss ich dann nur noch den Belichtungsregler bewegen.
Ich bin mir nicht sicher, ob die mit anderen Optiken diese Bildwirkung so leicht erzeugen kannst. Dabei gibt es natürlich Alternativen. Bisher war ja das Elmarit-M 28mm das kleinste Objektiv für die Leica M. Dies ist tatsächlich kaum 10g schwerer und nur gut einen Zentimeter größer. Beides keine Werte, die zum Dealbreaker werden. Vor allem nicht, weil das Elmarit-M eine Offenblende von 2.8 hat. Ich habe das Elmarit-M 28mm vor einigen Jahren besessen und damit gute Erfahrungen gemacht. Mittlerweile besitze ich allerdings das Summilux-M 28mm und damit eine der Sahnelinsen von Leica. Ich brauche also keine gute Linse mit 2.8, aber wollte eine mit Charakter. Und da liegt das Summaron-M deutlich vor dem Elmarit-M. Da ich mit einer M10 Monochrom fotografiere, sind auch zwei Blendenstufen – selbst bei schlechten Lichtbedingungen – kein Problem.
Was ich an dem Leica Summaron-M 1:5.6/28mm mag und was nicht…
Das Leica Summaron-M 1:5.6/28mm ist besonders mit meiner Leica M10 Monochrom eine grandiose und liebevolle Linse. Was ich an ihr besonders mag ist dreierlei. Die Blende von 5.6 und der Blickwinkel des 28mm Objektivs kommt den menschlichen Sehgewohnheiten sehr nahe. Trotz der kurzen Bauweise ist die Leica-typische Qualität in der Abbildungsleistung vorhanden. Auch der 3D Effekt ist ungeachtet von „nur“ 5.6 als Offenblende vorhanden.
Was mir nicht gefällt, ist die Ungenauigkeit bei der Tiefenschärfeskala auf dem Objektiv. Ich habe mehrfach versucht, die Fokussierung nach rechts auf die 5.6 zu stellen, um das Bokeh zu verbessern. Alle Bilder wurden unscharf. Die Skalierung sollte aus meiner Sicht etwas enger eingezeichnet sein.
Das Objektiv hat eine Rastung, um bei Unendlich den Schärfenregler zu arretieren. Vielleicht wurde das für einen Transport so konstruiert – ich kenne die Hintergründe nicht, was sich Leica damit gedacht hat. Grundsätzlich ist das auch praktisch, aber ich hätte mir gewünscht, dass diese Justierung an einer anderen Stelle ist – oder noch besser variabel nutzbar ist.
Wie du auf dem Foto oben siehst, verwendet die Optik einen 34mm Filter. Ich habe als Bezugsquelle nur Foto-Impex in Berlin gefunden. Keine schlechte Adresse, aber auch da sind die schwarz-weiß Filter mit diesem kleinen Filterdurchmesser selten vorrätig. Bestellen geht aber selbstverständlich und dauert ein paar Tage. Die Fotos auf dieser Seite sind aber alle ohne Filter entstanden, weil ich beim ersten Versuch den falschen bestellt habe.
Noch’n Tipp bei der Verwendung der Linse: ich verstelle den Entfernungshebel immer etwas zu weit in den Nahbereich. Also nehmen wir an, ich möchte etwas fokussieren, das 2m entfernt von mir ist. Dann stelle ich die Entfernung auf 1,5m. Durch die Offenblende von 5.6 ist das gewünschte Objekt dann immer noch im Schärfebereich des Objektivs, aber ich vergrößere die Chance auf ein wenig mehr Bokeh.
Bleibt zum Schluß die Frage: hätte ich mein Summilux-M 28mm nicht einfach auch auf Blende 5.6 benutzen und so viel Geld sparen können? Klar, aber von Gewicht und Größe mal abgesehen, macht die kleine Summaron-M Linse eben auch verdammt viel Spaß bei der täglichen Jagd nach Licht und Schatten.