Weniger ich, mehr wir

Mich nervt seit geraumer Zeit die zunehmende Bereitschaft Ellenbogen einzusetzen und dabei auf andere zu zeigen. Klar kann ich mich über Nahles, Merkel, Gauland, Dieselskandal und Cum-Ex aufregen. Sicherlich auch zurecht. Aber das Miteinander beginnt doch an der eigenen Nasenspitze. Wenn ich mir also was wünschen darf, dann ist es „weniger ich, mehr wir“!

Ich muss nicht zu zweit auf dem Bürgersteig entlang gehen und keinen Platz machen, wenn mir jemand mit vollen Tragetaschen entgegen kommt – selbst wenn diese(r) auf „meiner“ Seite geht. Ich muss nicht als Radfahrer bei Fussgängergrün durch eine Passantennmenge hindurchradeln, selbst wenn ich es eilig habe und niemand zu Schaden kommt. Ich muss nicht als Autofahrer 50cm am Radfahrer vorbei rasen, selbst wenn ich glaube, dass der Radfahrer nach links noch genug Platz hat. Ich muss im Flugzeug nicht mein Handgepäck so unterbringen, dass daneben kein weiteres Stück mehr reinpasst, auch wenn ich zuerst am Gate war. Jede(r) Leser(in) wird ein eigenes Erlebnis einfallen, bei dem er oder sie sich über das Verhalten eines anderen oder einer anderen geärgert hat – und hat dies eventuell zum Anlass genommen auch das eigene Handeln zu überdenken.

Weniger ich, mehr wir!

Wenn ich in jedem mir möglichen Augenblick, einen Blick auf meine Umstehenden werfe, lächle und zum Beispiel eine Tür aufhalte, verliere ich nichts, gewinne aber an Miteinander. Diese Rücksichtnahme ist Menschlichkeit. Sie ist der Unterschied, der uns ausmacht. Meine Wahrnehmung sagt mir, dass unsere Gesellschaft zu lange, auf „höher, schneller, weiter“ gesetzt hat. Dabei ist nur „ich, ich, ich“ übrig geblieben. Das führt mich zum nächsten Gedankengang.

Das Recht des Stärkeren

Woher kommt das eigentlich? Das Recht des Stärkeren? Aus meiner Sicht ist das ein völlig unlogisches Mantra. Der Stärkere oder die Stärkere hat im Zweifelsfall sowieso Recht. Warum sollte ich das noch verstärken? Zumal das eher dazu führt, dass jeder versucht noch stärker zu sein. Noch mehr Ellenbogen, noch mehr „ich, ich, ich“.

Wir sollten dazu übergehen, den Schwächeren zu schützen! Mit Anpacken, wenn der Kinderwagen aus der Bahn gehoben werden muss. Einen Umweg machen, wenn dadurch offensichtlich Gehbehinderte einen kürzeren Weg haben. Bei gelb nicht in die volle Strassenkreuzung fahren, weil ich dadurch dem kreuzenden Verkehr die Weiterfahrt ermögliche. Erkennst du das Potenzial zum relaxteren Leben?

Ein schöneres Leben beginnt bei dir. Warte nicht, bis andere damit anfangen.

Ich selbst bemühe mich seit einiger Zeit nach diesem Motto „weniger ich, mehr wir“ zu leben. Still sage ich es in manch hektischen Momenten in mich hinein. Es beruhigt. Und oft genug springt der Funke über. Ein „Danke“ oder „wie aufmerksam“ kommt als Erwiderung von einem Fremden nebenstehendem. Und schon ist für einen kurzen Augenblick die Welt von zwei Menschen schöner geworden. Ich wünschte, die kurzen Momente würden sich ausdehnen.

  1. Sie haben absolut Recht. Wir leben in einer Ellbogengesellschaft, dass es nicht mehr schön ist. Jeder denkt nur an sich selbst, macht sich damit aber nur noch mehr Stress. Dabei ist es so leicht auch an andere Menschen zu denken und sie zu achten. Man vergibt sich nichts wenn man freundlich und hilfsbereit ist, dass Lächeln der Anderen ist doch ein schöner Lohn.

  2. Ja, stimmt. Ich mache es so, dass ich versuche zu reflektieren, welche Sachen mir bei Anderen am meisten auf den Sack gehen. Oft genug sind es Dinge, die ich an mir selbst nicht mag. So finde ich immer recht leicht, was ich an mir selbst anders machen kann, und worin ich gleichmütiger anderen gegenüber sein kann.

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