Leica macht glücklich – Teil 2

Leica gibt einem schon beim Auspacken das Gefühl, etwas besonderes in die Hand zu nehmen. Mit so viel Liebe eingepackt…

Wer das erste Mal versucht mit einer Leica zu fotografieren, fühlt sich vermutlich viele Jahre zurückversetzt – klobiges Design, kein Autofokus, kein echter Sucher, kein Programmmodus. Tatsächlich liegt die Kamera mir gut in der Hand, die Verarbeitungsqualität ist hervorragend und es gibt Details, die einfach liebenswert sind. Die Leica M ist meine erste Kamera, bei der ich nicht direkt nach dem Auspacken die Blitzschuhabdeckung entferne. Während ich mir bei allen Kameras immer sicher war, das Ding sehr schnell zu verlieren, ist bei der Leica die Abdeckung nur mit dem Drücken eines kleines Tasters zu entriegeln – wer dieses kleine Teil verliert, muss schon sehr viel Pech haben.

Das minimalistische Design bedeutet für mich kaum Umstellung, sondern willkommene Reduzierung auf das Wesentliche. „Pure Photography“ eben, aber von Könnern gebaut. Ich nutze auch mit meinen anderen Kameras fast ausnahmslos den mittleren Autofokuspunkt und belichte meine Bilder zu fast 100% im manuellen Modus. Im Sucher deuten Pfeile oder ein runder Punkt an, was die Belichtungsempfehlung der Leica M ist. Im Gegensatz zu meinen Erfahrungen mit Fuji Kameras, verstellt sich das Bedienrad bei Leica nicht. Bei Fuji hat sich immer die Belichtungskompensation verdreht. Ein weiterer Vorteil gegenüber der Fujis ist der vorhandene Verschluss. Beim Objektivwechsel wird bei Fuji sofort der Sensor freigelegt, bei Leica ist nur der Verschluss zu sehen. Der vermeintliche Gewichtsnachteil der Leica (680g) gegenüber den Fujis (X-Pro 1: 440g) bemerke ich eher als Vorteil, denn ich halte damit noch längere Belichtungszeiten aus der Hand. Der fehlende Spiegel macht sich dabei wegen der nicht vorhandenen Schwungmassen gegenüber meinen Nikons noch stärker positiv bemerkbar. Darüber hinaus ist die Leica M – ähnlich wie meine Nikon Bodys – gegen Spritzwasser geschützt.

Die größte Umstellung ist der Messsucher und die filigrane Möglichkeit der Scharfstellung. Schnell erkenne ich allerdings die Vorteile des Systems. Während ich bei allen anderen Suchersystemen durch weit geöffnete Objektive fotografiere, zeigt der Messsucher alles von vorne bis hinten scharf. Mehr noch: es ist egal, welche Linse ich vorne drauf schraube – der Messsucher zeigt bei der Leica M immer ungefähr die Abbildung mit einem 28mm Objektiv. So kann ich präzise störende Elemente im Hintergrund ausmachen und zum Beispiel durch eine veränderte Wahl meines Standortes im Bild eliminieren. Fotografiere ich in einer belebten Strasse, sehe ich rechtzeitig, wenn mir jemand durchs Bild laufen wird – und kann warten oder ihn ins Bild einbauen…

Das Fokussieren mit dem Messsucher erfordert Übung, aber tatsächlich ist dieses feinmotorische System so genial gebaut, dass das Doppelbild dir sogar anzeigt, in welche Richtung du die Entfernungseinstellung deines Objektivs drehen musst.

Ein weiterer Vorteil entsteht beim Fotografieren mit Graufilter, denn während bei DSLR Kameras dann das Sucherbild dunkler wird, stört das beim Messsuchersystem überhaupt nicht. Das Sucherbild bleibt schön hell, fokussieren ist kein Problem.

Natürlich hat dieses anachronistische System auch einen gewaltigen Nachteil: bei längeren Brennweiten ist der bildwichtige Teil des Suchers schon arg klein. Das macht auch das Fokussieren nicht gerade einfacher. Aber Leica wäre nicht Leica, wenn sie sich nicht irgendwelche nützliche und überteuerte Helferlein ausdenken würden. Für meine alten Augen und mein 50er habe ich mir eine Sucherlupe gekauft, die macht aus dem Sucherbild ein 35mm Objektiv. Das erleichtert das Scharfstellen in der Halbdistanz schon enorm.

Wie im ersten Teil erwähnt, habe ich mich im Vorfeld des Kaufs sehr mit den Linsen, aber wenig mit der Kamera beschäftigt. Die Leica M überrascht mich vielleicht auch deswegen immer wieder. Zum ersten Mal allerdings am Weihnachtsabend, als ich mit meiner Liebsten (meine tolle Ehefrau ist gemeint) vor dem Fernseher sitze und eine unserer Katzen ein amüsantes Gesicht macht. Schnell hole ich die Kamera und bin neugierig, was sie bei diesen undefinierten Lichtverhältnissen macht. Und ja: ich kaufe mir eine Leica für einige Tausender und zeige dir nun Katzenbilder…

Ob sich der Kauf der M gelohnt hat, frage ich mich und hole schnell meine Nikon D800e mit AF-S 58mm f/1.4 aus dem Nachbarzimmer. Die Kombi ist nun auch nicht gerade ein Nasenbohrerset…

Der offensichtliche Unterschied ist der Blick der Katze – mit meinen DSLRs habe ich es noch nie geschafft, dass der Vierbeiner in die Kamera schauen mag. Das funktionierte bisher nur mit den kleinen Kameras von Fuji oder Panasonic. Jetzt eben auch mit der Leica…

Natürlich ist auch ein Unterschied im Bokeh zu sehen. Ob dir der typische Umgang der Leica Linse mit Lichtquellen besser oder schlechter gefällt als bei dem zugegebenermaßen sehr cremigen Bokeh des Nikon Glases, ist sicherlich Geschmacksache.

Auf den beiden Bilder siehst Du vielleicht keine Abweichung, die den Aufpreis rechtfertigt. Zwei Dinge bitte ich dabei zu bedenken. Schau dir noch mal genau die Farben an, die sehen meiner Meinung nach bei der Leica klarer und reiner aus. Was mir aber ein fettes Ausrufezeichen auf die Stirn gezaubert hat, war der Fakt, dass das Leicabild so aus der Kamera kam. Bei Nikon musste ich in der Nachbearbeitung etwas arbeiten, um es halbwegs wie das Leicabild aussehen lassen zu können. Im unbearbeiteten Original kam nämlich dieses verwaschene etwas aus der Kamera.

Im letzten Monat habe ich rund 2000 Aufnahmen gemacht und über die brillianten Farben und die exakte Qualität des Weißabgleichs freute ich mich immer wieder. Besonders bei Hauttönen wird mir das oft bewusst. Dieses fotografische Aufnahmegerät spielt hier seine Stärken aus.

Die Leica M ist eine tolle Kamera, aber keine Point-and-Shoot. Du musst dir die Kamera erarbeiten. Belohnt wirst Du mit sensationellen Files und einem herrlich zurückhaltenden Auslösegeräusch.

Rund wird mein Einsteigerset dann mit dem Noctilux – davon mehr im dritten Teil