Ich musste mit dem RAW Konverter Lightroom CC arbeiten und war zunächst positiv überrascht. Hatte ich mir doch eine Kamera gekauft, die sehr frisch auf dem Markt ist und deswegen noch keine Interpretation der RAW Daten durch meinen Lieblingseditor Capture One zulässt. Glücklicherweise bietet Adobe mit Lightroom CC eine RAW Bearbeitung an. Adobe schreibt auf ihrer Webseite:
Mit Lightroom CC erhalten Sie sämtliche Features, die Sie für die Organisation, Bearbeitung, Speicherung und Weitergabe Ihrer Bilder brauchen – auf Ihrem Desktop, Ihrem Mobilgerät oder im Web.
Dahinter verbirgt sich eine Idee, die ich großartig finde: egal welches Endgerät ich gerade zur Hand habe, immer kann ich meine RAWs bearbeiten. Ja, das funktioniert auf dem Desktop tatsächlich genauso gut, wie mit der App für iOS oder Android und sogar mit jedem (modernen) handelsüblichen Browser. Das ist wirklich ganz stark! Leider ist die Idee nicht komplett zu Ende gedacht.
Letzteres merkte ich zu spät. In den Dialogen auf Twitter mit anderen Anwendern merkte ich dann schnell, dass eigentlich alle Lightroom Classic CC nutzen. Nur aktuell notwendige Daten werden dann mit Lightroom CC synchronisiert. Das ist unnötig kompliziert und aus meiner Sicht könnte Adobe das auch relativ leicht beheben.
Die Unterschiede zwischen Lightroom und Lightroom
Es gibt tatsächlich zwei unterschiedliche Lightroom Produkte: Classic CC ausschließlich für den Desktop und CC für – wie oben erwähnt – Desktop, Mobilgerät und Browser. Mir erschließt sich nicht, warum Adobe auf ihrer Webseite Classic CC für Benutzer mit Vorkenntnissen in Bildbearbeitung empfiehlt und bei Lightroom CC keine Kenntnisse voraussetzt. Beide Programme bearbeiten RAWs mit der gleichen Engine und die Ergebnisse können sich wirklich sehen lassen. Das hat mich angenehm überrascht, weil ich in früheren Versuchen mit dem Programm nie zu den Ergebnissen kam, die ich mit Capture One erzielte.
Also aus meiner Sicht spricht bis hierhin nichts gegen die Verwendung von Lightroom CC. Mir gefällt die aufgeräumte Oberfläche sogar besser als bei Classic CC.
Die Probleme mit Lightroom CC im Detail
Es gibt zwei gravierende Fehler in der Anlage von Lightroom CC, die ein professionelles Arbeiten aktuell nicht empfehlenswert macht. So weit ich das beurteilen kann sind diese Einschränkungen sogar völlig unnötig. Adobe hat einfach falsche Annahmen getroffen. Oder wollte unbedingt auch in Zukunft noch zwei Lightroom Varianten anbieten.
Die Voraussetzung einer Cloud Anbindung ist dabei gar nicht so sehr das Problem. Auch wenn in Deutschland Internet Neuland ist, ich im Zug kurz hinter Harburg auf Grund von fehlender Internetanbindung natürlich nicht auf meine Daten in der Cloud zugreifen kann: den Weg finde ich richtig und komfortabel. Irgendwie müssen die Bilder zwischen den Geräten synchronisiert werden, da liegt die Cloud nahe. Außerdem funktioniert Lightroom CC auch mit vollem Cloud Speicher – natürlich ohne die Synchronisierung.
Ich kann also dann doch nicht auf alle Bilder mit allen Geräten zugreifen. Die Größe des Cloudspeichers im Foto-Abo (also inklusive Photoshop) ist mit 20GB natürlich viel zu klein. Die nächste Stufe (bei Preisverdopplung) sind 1TB – das ist immens viel, aber so wie Lightroom CC aufgebaut ist, wird auch der Speicher irgendwann voll sein. Und das führt zum eigentlichen Problem.
Der fehlende Synchronisationsschalter und der fehlende Einstellungsexport
Lightroom CC lädt alle importierten Bilder sofort in die Cloud – genug Speicher vorausgesetzt. Es ist also dringend davon abzuraten, seine komplette Speicherkarte zu importieren. (Das gilt aber sowieso für alle RAW Konverter. Wer große Datenmengen effektiv und schnell sichten will, bevor die Entscheidung zur Bearbeitung fällt, nutzt natürlich PhotoMechanic. Es gibt nichts besseres! Und ab 25.3. dann in Version 6 noch schneller…)
Da es nur einen Katalog gibt, sind alle Bilder dann irgendwann in der Cloud. Daraus ergeben sich zwei Probleme: erstens trage ich die ganze Zeit Bilder mit mir rum, die ich vielleicht nur temporär benötigt habe. Und zweitens kann ich die RAWs mit den Bearbeitungseinstellungen nicht als solche extern (zum Beispiel als Datensicherung auf ein NAS) sichern. Ich kann Originale nur löschen! Damit löse ich zwar Problem eins, aber durch die fehlende Möglichkeit zur Datensicherung sind die Bilder dann auch wieder nur im Orginalzustand auf meiner Festplatte – ohne die Arbeit, die ich schon in die Bilder gesteckt habe.
Zur Verdeutlichung: normalerweise sichere ich meinen Katalog auf ein NAS und kann den bestehenden von meiner Festplatte löschen. Das schafft Platz auf dem Arbeitsvolumen und meine Daten sind trotzdem sicher. Sollte ich aus dem Katalog irgendwann noch mal verschiedene Bilder benötigen, brauche ich nur den gesicherten Katalog zu öffnen und die Bilder sehen noch so aus, wie bei meiner damaligen Bearbeitung. Das spart Zeit und ist gut für Konsistenz. Das geht mit Lightroom CC nicht. Lösche ich die Bilder aus der Cloud sind auch die Bearbeitungen weg. Will ich irgendwann mal ältere Bilder z.B. in einer anderen Auflösung und Größe an einen Kunden liefern, muss ich die Bilder neu importieren und neu bearbeiten. Das kostet Zeit!
Verbesserungspotenzial
Aus meiner Sicht fehlt Lightroom CC zweierlei: ein Synchronisationsschalter mit dem ich bestimmen kann, welche Alben in aktuell synchronisiert haben möchte. Damit könnte ich dann festlegen, welche Bilder ich aktuell tatsächlich auf allen Geräten im Zugriff haben möchte. Außerdem fehlt die Möglichkeit Alben mit Einstellungen für die RAWs zu exportieren.
Beides geht mit Lightroom Classic CC. Ich benötige also unbedingt beide Programme. Das erachte ich für völlig unpraktisch und auch völlig unnötig. Adobe müsste nur die Möglichkeit schaffen, direkt in Lightroom CC die Alben zu bestimmen, die online zur Verfügung stehen sollen. Und eine Sicherung von XMP Dateien muss möglich sein, die die Art der RAW Bearbeitung festschreiben. Aktuell muss ich als Kunde diese Schritte unkomfortabel mit zwei Programmen selbst umsetzen.
EDIT und Workaround: Zum einen gibt es den Lightroom Downloader, der alle Bilder inklusive der Bearbeitungen aus der Cloud lokal speichern kann. (Danke für den Hinweis in den Kommentaren, Andreas.) Zum anderen kann ich beim Speichern aus Lightroom CC die Option „Original + Einstellungen“ auswählen. Das tut, was es soll und ich kann meine Bilder aus der Cloud löschen und meine Bearbeitung behalten. Die Originale und Einstellungen in den typischen XMP Dateien kann ich dann in Lightroom Classic importieren und inklusive der Bearbeitung weiterhin nutzen.
Die Entdeckung der Langsamkeit
Und dann ist da noch das Problem mit der Langsamkeit vom Export der Bilder als JPGs aus Lightroom CC heraus. Auf Anfrage schrieb mir Adobe, dass die Geschwindigkeit von Art der Dateien, Internetanbindung und Computerausstattung abhängig ist. Das klingt logisch. Nun sitze ich hier an einer komfortablen 100MBit/s Leitung und trotzdem sollte der Export von rund 600 Bilder eines Drei-Tages-Auftrags rund 6 Stunden dauern. Als ich das über Nacht laufen ließ, ging mein Rechner nach gut 2 Stunden in den Ruhemodus und am nächsten Morgen war gerade mal ein Drittel meiner Bilder exportiert.
Beim nächsten Versuch wählte ich unter den Optionen die Möglichkeit aus, dass meine Bilder von der lokalen Platte als Grundlage genommen werden. Damit dauert der Export dann „nur“ noch zweidreiviertel Stunden. Also rund 4 mal so lange wie mit Capture One. (Ohne es mit Lightroom Classic CC zu probieren, glaube ich meinem Fotobuddy Jörg aka Fotofuzzy, dass das dort ebenfalls viel schneller geht.)
Fazit: Lightroom CC ist keine Standalone Lösung
Ach, Adobe: echt eine gute Chance verpasst! Anstatt es dem Kunden (mir) so einfach wie möglich zu machen, muss ich mich nun mit zwei Programmen und unterschiedlichen Benutzer-Oberflächen beschäftigen. Dabei wäre es so einfach gewesen. Ohne die Möglichkeit Alben zu syncen und wieder zu desyncen und ohne die Möglichkeit einer externen Sicherung ist Lightroom CC aktuell leider absolut nicht im professionellen Umfeld einsetzbar. So ist Lightroom CC nur ein Addon für Classic CC oder eine nette Spielerei für den gelegentlichen Knipser. Leider macht Adobe das auf seinen Webseiten nicht deutlich und kann daher die aufgestellten Erwartungen nicht erfüllen. Potenzial ist aber da…