Lumix S1RII

Die neue Lumix S1RII und ein kleines Ärgernis

Die Lumix S1RII ist brandneu und nun auch in meiner Kameratasche. Am Sonntag nutzte ich sie gleich mal beim Spiel des FC St. Pauli im Einsatz. Dabei habe ich mich über diese Kamera gefreut – aber auch sehr geärgert. Und deswegen kommt jetzt dieser Blogpost, damit du mit dieser Kamera diesen Fehler nicht machst.

Vor vielen Jahren war ich hin und wieder von Panasonic eingeladen, um neue Kameras zu testen. Die Zeiten sind lange vorbei. Lange vorbei sind auch die Zeiten, dass Panasonic mit ihrem Photoapparaten nicht auf der Höhe der Zeit waren. Die Lumix S1RII ist – und das sei an dieser Stelle vorab angemerkt – eine sehr vielseitige und absolut ernstzunehmende Kamera. Sie ist die Kamera, die ich von Leica mit der SL3 erwartet hätte – aber nicht bekommen habe.

Vergleich der Lumix S1RII mit der Leica SL3

Wer auf einige Megapixel verzichten kann – die S1RII hat „nur“ gut 44MP, während die SL3 60MP besitzt – bekommt mit der Lumix S1RII die deutlich vielseitigere und ausgereiftere Kamera. Vielseitiger in der Konfiguration, aber auch in den Einsatzgebieten. Wie ihr wisst, nutze ich meine Kameras oft bei Sportereignissen. Die SL3 schafft mit aktivem kontinuierlichem Autofokus 5 Bilder in der Sekunde. Die S1RII hingegen mit mechanischem Verschluss bis zu 10 Bilder in der Sekunde – auf das „bis zu“ komme ich gleich zu sprechen. Und das alles auch noch zum halben Preis!

Fotografiert mit der S1RII und dem Sigma 500mm f/5.6 bei ISO2000. Das Bild ist sehr stark geschnitten, um den Gesichtausdruck von Morgan Guilavogui gut darzustellen. Bei 44MP problemlos möglich.
Das ist das obige Bilder aber eben nicht entsprechend geschnitten.

Das Schöne an der Lumix S1RII ist, dass ich alle meine Leica Optiken weiterhin kompromisslos benutzen kann. Panasonic gehört – ebenso wie Sigma – zur L-Mount Alliance und deswegen können Bodys und Objektive problemlos untereinander getauscht werden. Am Spielfeldrand fotografiere ich daher mit Panasonic Kameras (neben der S1RII aktuell noch eine S5IIx) und einer lustigen Mischung aus Leica und Sigma Optiken.

Dank vielseitig verschwenkbarem Display sind solche bodennahen Aufnahmen mit der Lumix S1RII recht leicht möglich.
Dank vielseitig verschwenkbarem Display sind solche bodennahen Aufnahmen recht leicht möglich. Der Autofokus der Lumix S1RII ist auch bei schwierigen Lichtverhältnissen treffsicher.

Ist die Lumix S1RII für Fotos geeignet?

In der öffentlichen Wahrnehmung haben Lumix Kameras ihre Stärken bei Videoaufnahmen. Das liegt aus meiner Sicht an der GH Serie von Panasonic, die lange Zeit das Nonplusultra in diesem Bereich und Preissegment waren. Deswegen beschäftigen sich eben mehr Menschen mit diesem Schwerpunkt mit diesen Kameras. Vielleicht liegt es aber auch nur an der Stärke von YouTube und der Fokussierung von Panasonic bei diesen Influencern.

Aus fotografischer Sicht habe ich kaum entsprechende Reviews gesehen. Völlig zu unrecht scheinen die Lumix Kameras hier ein Nischendasein zufristen. Da ich die S5IIx (die übrigens nahezu identisch mit der Leica SL3-S ist, aber schon nicht mal zwei Fünftel kostet) seit einiger Zeit nutze und ich Spezifikationen lesen kann, habe ich mich trotzdem zum Kauf der S1RII entschieden.

Vergleich der Lumix S1RII mit der S5II(x)

Die S1RII ist aus meiner Sicht im Vergleich zur S5IIx noch etwas hochwertiger verarbeitet. Dazu kommt das leicht veränderte Bedienkonzept, dass zum Beispiel besser zwischen Foto- und Video-Einsatz wechseln lässt. Oder mehr Möglichkeiten bietet, individuelle Voreinstellungen zu speichern. Auch das Display ist noch variabler schwenkbar. Bodennahe Hochformataufnahmen sind damit kein Problem mehr – im Gegensatz zur Leica SL oder Q Serie.

Ohne wissenschaftliche Tests gemacht zu haben, würde ich schätzen, dass das ISO Rauschen bei höheren Werten ca eine Blende schlechter ist. Allerdings fällt das durch die höhere Pixelanzahl so gut wie nicht auf.

Die Farben der Panasonic stehen der vielgelobten Leica Farbwelt übrigens in nichts nach. Ich habe mir das wirklich intensiv und kritisch angeschaut – schließlich brauche ich eine Begründung für meine Leica Bodys. Aber ich behaupte mal, dass Unterschiede nicht wahrnehmbar sind. Auch in der Variabilität und Bearbeitungsmöglichkeit der RAWs habe ich keine Unterschiede feststellen können. Sorry, Leica!

Was die Lumix S1RII besonders gut kann

Ein absolutes Highlight der Lumix S1RII, aber auch der S5II Serie bzw der S9, ist die fantastische Anpassungsmöglichkeit der JPGs. Hier hat Lumix die Technologie der LUTs aus dem Videobereich in die Fotowelt gebracht. Ich kenne keine Kamera, die das besser gelöst hat. (Sorry, liebe Fuji-Nutzer.)

Hier mal ein Beispiel für ein out of cam JPG – fotografiert bei bedecktem Himmel am Wegesrand nach kurzem Regenschauer. Das verwendete LUT soll einen Fuji Reala Film simulieren, aber digital ist eine Belichtung auf die Lichter für entsprechende Farben deutlich leichter möglich als analog. Ich habe das Bild nur nachträglich für den Blogpost hier verkleinert. Ich hatte das Foto schon direkt auf 16×9 fotografiert, weil ich es in einer Instastory verwenden wollte.

Ein JPG direkt aus derLumix S1RII
JPG direkt aus der Kamera fotografiert bei bedecktem Himmel.

Genau diese Stärke der S1RII hat mich beim ersten Hardcore Einsatz am Spielfeldrand aber auch sehr frustriert. Damit dir das nicht passiert – und mir auch nicht mehr – habe ich ein paar Tests gemacht.

Das (aktuelle) Problem der S1RII

Auslöser war diese Situation am Sonntag als Alexander Blessin eher unterwartet in Ewald-Manier mit den Fans gefeiert hat. Vielleicht hast du das Video bei Instagram gesehen. Ich stand in unmittelbarer Nähe, weil ich Torschütze Carlo Boukhalfa noch mal im Portrait einfangen wollte. Das ist mir auch gelungen.

Carlo Boukhalfa
Carlo Boukhalfa freut sich nach dem Spiel über sein wichtiges Tor zum 1:1 gegen Leverkusen

Im Original ist das Foto übrigens im Hochformat aufgenommen, aber bei 44MP hast du nun wirklich genug Möglichkeit, nachträglich den interessanteren Ausschnitt zu wählen.

Zurück zu Blessins Jubel. Ich stand wie gesagt in unmittelbarer Nähe und wollte den jubelnden Blessin natürlich auch fotografieren. Allerdings war meine Kamera beschäftigt, die Daten von Boukhalfas Portrait noch auf die Karte zu schreiben. Die S1RII hat schlicht nicht ausgelöst. Was für ein Ärger!

Schnelle Bildfolgen mit der Lumix S1RII

Folglich bin ich der Sache auf den Grund gegangen. Ich hatte – unnötigerweise – die schöne JPG Bearbeitung aktiviert. Und das führt zu einer enormen Verlangsamung der Kamera. Nun sind meine Anforderungen an einen Body vielleicht auch sehr speziell, aber ich teile meine Erkenntnisse gerne. Die S1RII hat nämlich offensichtlich ein Problem in der Verarbeitung der Daten. Für einen Einsatz bei Landschaftsfotografie, Architektur oder Portrait mag das nicht stören – bei schnelle Bildfolgen aber sehr wohl.

Die Lumix S1RII wird beworben mit bis zu 10 Bildern pro Sekunde unter Verwendung des mechanischen Verschlusses (mit elektronischem gehen 40 Bilder pro Sekunde) und voller Nutzbarkeit des kontinuierlichen Autofokus. Dies wird aber nur erreicht, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.

Für meinen Test habe ich bei der S1RII den Auslöser 30 Sekunden lang betätigt. Dabei habe ich gestoppt, ab wie viel Sekunden die Kamera langsamer wird und wie viele Bilder in 30 Sekunden insgesamt entstanden sind. Außerdem habe ich gemessen wie lange die Kamera nach 30 Sekunden Dauerfeuer benötigt, um alle Daten auf die Speicherkarte zu schreiben. Dazu musst du wissen, dass die Kamera eine CF Express und eine SD Karte nutzen kann. Die nominelle Schreibgeschwindigkeit der CF Express Karte (1750MB/s) ist mit einem Faktor von fast 6 deutlich schneller als bei einer SD Karte – obwohl ich auch hier die guten, schnellen mit 300MB/s verwende.

Ergebnis und Workaround

Überrascht habe ich festgestellt, dass es bei der Verwendung einer internen JPG Verarbeitung mit einem schicken LUT und ISO6400 so gut wie keinen Unterschied zwischen der Schreibgeschwindigkeit auf CF Express oder SD Karte gibt. Bei beiden Karten löst die Lumix S1RII rund 70mal in 30 Sekunden aus. Wobei bei der CF Express der Body nach 6 Sekunden und gut 60 Bildern langsamer wird und dies bei der SD Karte nach 10 Sekunden und fast 60 Bildern passiert. In beiden Fällen erfolgt also in den letzten 20 bzw 24 Sekunden nur grob 10 Auslösungen. Als ob das nicht schon schlecht genug wäre, dauert es dann noch fast zwei Minuten, bevor die Schreibvorgänge abgeschlossen sind – egal auf welcher Karte. Das spricht für mich für eine nicht ausreichend skalierte Verarbeitungsengine in der Kamera. Und/Oder die Schreibgeräte in der Kamera nutzen das Potenzial der Karten nicht.

Natürlich habe ich hier auch einen Workaround für dich. Wenn es wirklich schnell gehen muss, nutze den Standardbildstil und integriere die JPGs in Standard und Größe S wie small (4128×2752 beim Bildverhältnis von 3:2). Letzteres reicht aus, um eine ausreichende Beurteilung der Schärfe am heimischen Bildschirm hinzubekommen und beschleunigt die Datenverarbeitung in der Kamera.

Mit dieser Einstellung ist die Lumix S1RII mehr als doppelt so schnell und schafft in 30 Sekunden über 170 Bilder. Sie wird erst nach 9 Sekunden bzw 90 Bildern langsamer. Die 10 Bilder pro Sekunde werden also für 9 Sekunden erreicht. Danach schafft die S1RII noch 80 Bilder in weiteren 21 Sekunden – also fast 4 B/s. Der Schreibvorgang aller Bilder dieser 30 Sekunden dauert dann auch nicht mehr fast zwei Minuten, sondern nur noch 16 Sekunden. Der Unterschied zwischen der Verwendung von CF Express und SD Karte ist aber auch bei diesen Einstellungen zu gering – irgendwo ist da noch ein Haken.

Fazit

Für den Hausgebrauch sollte diese Auslösegeschwindigkeit aber ausreichen. Ich habe nun schnelle Einstellungen auf C1 und sehr schnelle auf C2 gelegt. C3 bewerkstelligt dann langsamere Belichtungszeiten mit dem Fokus auf schöne JPGs direkt aus der Kamera. So kann ich immer schnell hin und her schalten. Ich hoffe aber trotzdem, dass Lumix durch die nächste Firmware an der internen Datenverarbeitung noch weitere Verbesserungen vornehmen kann. Zumal der Geschwindigkeitsvorteil der CF Express Karte gegenüber der SD Karte aktuell kaum genutzt wird.

Die Lumix S1RII hat übrigens einen der besten Bildstabilisatoren, die es derzeit auf dem Markt gibt. Das ist bei der Verwendung von langen Brennweiten ein echter Mehrwert. Auch ansonsten ist die neue von Panasonic eine Topkamera, die viel Spaß bereitet.

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