Von honigsüssen Versuchungen und haufenweise Licht

Was soll ich sagen: ich habe am Nektar einer süßen Pflanze genascht. Und nun bin ich ihr verfallen…

Und das kam so: ich hatte den Auftrag Fotos dreier Musiker zu machen und es war klar, dass die Sonne scheint. Da war mir klar, dass ich mit meinen drei Nikon Systemblitzen nicht weit komme. Also leihte ich mir einen Hensel Porty 1200. WOW – kann blitzen einfach sein. Wenn das Teil nicht so schweineschwer wäre…

Der Anfang von allem: Trio Adorno bei strahlendem Sonnenschein mit 150m Octabox fotografiert - und der vollen Power vom Hensel Porty mit 1200Ws
Der Anfang von allem: Trio Adorno bei strahlendem Sonnenschein mit 150m Octabox fotografiert – und der vollen Power vom Hensel Porty mit 1200Ws

Jedenfalls hatte sich nun eine fixe Idee in meinem Kopf festgesetzt. Ein portabler Studioblitz muss her. Wie schreibt Joe McNally in seinem druckfrischen Buch: „Große Lichter formen Deine Sätze, kleine Blitze sind die Satzzeichen.“

Irgendwie ist die Technik im mobilen Bereich aber noch nicht so weit. Meistens sind diese Anlagen einfach wahnsinnig schwer. Broncolor Mobil A2L 6,7kg – nur der Generator. Da kommt ja dann noch Lampe, Stativ, Lichtformer dazu. Hensel Porty 1200L 5,9kg – hatte ich ja beim Fotoshooting des Trios ausgeliehen und für zu schwer befunden. Briese setzt Hensel ein. Elinchrom ist eine Alternative: nur 3kg, aber auch nur 400Ws – das entspricht ganz grob zwei Systemblitzen, von der geringeren Abstrahlfläche der Systemblitze mal abgesehen. Gibt es leider in Hamburg nur bei einem Händler und den mag ich nicht, weil mir die Preispolitik zu undurchsichtig ist (keine Preise auf der Webseite und so…)
Warum mir ein Händler vor Ort wichtig ist? Wegen des Supports und – noch wichtiger – wegen des Rents 😉 Lichtformer für Studioblitzanlagen sind teuer, aber gut und durchaus preiswert zu leihen.
Und so bin ich dann auf den Platzhirschen im Studioblitzbereich gestossen: Profoto. Gibt es in Hamburg gleich zwei Mal zu kaufen. Und im Rent eigentlich überall. Ist eben der Platzhirsch.
Problem hier: der kleine AcuteB2 Generator hat zwar 600Ws und wiegt dabei nur 3,6kg, aber nur einen Anschluss. Ob mir das ausreicht? Außerdem nutzt er einen speziellen Lampenkopf, der nur an diesem Generator funktioniert. Wird mich das bei einem späteren Ausbau meiner Aktivitäten in diesem Bereich einschränken?
Mit diesen und anderen Fragen schlug ich bei meinem üblichen Händler Calumet auf, aber da bekam ich nur wischiwaschi Antworten. Also hin zu IPS und siehe da: fachlich, kompetent, gute Tipps. Und dann machte man mir das Angebot eine solche Anlage mal über ein langes Wochenende zu testen: kostenlos natürlich.

Making Of Bild - fotografiert von Christine Lutz
Making Of Bild – fotografiert von Christine Lutz

Damit nahm das Unheil auf meinem Bankkonto seinen Lauf. (Nur zur Info: den Profoto AcuteB2 Generator gibt es immer wieder im Angebot inklusive Kopf, so auch zur Zeit. Kostenpunkt dann gute 2k€. Netto. Schnäppchen!)

Erster Test: die minimale Power eines Nikon SB-900 entspricht aus zwei Meter Entfernung ziemlich genau der minimalen Power eines Profoto AcuteB2 mit Standardreflektor. Soweit so unspektakulär.

Zweiter Test: Acute B2 volle Power gegen einen SB-900. Reicht nicht für ein ausgewogenes Bild. Zwei SB-900. Reicht immer noch nicht. Erst drei SB-900 leuchten aus 2 Meter Entfernung genauso hell, wie 600Ws aus dem Profoto. Allerdings: den Zoom der SB-900 hatte ich auf 50mm gestellt. Dann haben die drei Systemblitze meinen Kopf genauso hell ausgeleuchtet, wie der Acute B2. Mit dem Unterschied, dass die Nikons nur meinen Kopf ausgeleuchtet habe – der Profoto aber auch noch das Schlafzimmer der Nachbarn. Alter, ist das hell…

Dritter Test: frische Eneloop XX brauchen ungefähr drei Sekunden, bis ein SB-900 wieder betriebsbereit ist, nach dem er mit voller Kraft geblitzt hat. Der Acute B2 etwas mehr als 2 Sekunden.

Vierter Test: Auf geringster Power bei Profoto und Nikon habe ich mit 9 Bilder pro Sekunde Dauerfeuer mit meiner D3 gegeben. Und hier war ich nun wirklich überrascht. Wie auf dem Video zu sehen ist, schafft das Profoto Gerät das mühelos und der SB-900 – über dessen Performance ich mich bis jetzt noch nie beklagt hatte – sieht doch ganz schon unterschiedlich aus. Puh!

Am nächsten Tag habe ich mich dann mit Christine und Anja getroffen und wir haben ein wenig mit dem System rumgespielt. Mit dem 65W Einstelllicht ist bei Tageslicht nicht wirklich was anzufangen. Das ist aber auch die einzige Einschränkung. Auch Christine – die ebenfalls sehr viel mit Systemblitzen arbeitet – war über die Schnelligkeit und Leichtigkeit tolles Licht ins Set zu zaubern, wirklich beeindruckt. Der Profoto AcuteB2 ist mit dem dazugehörigen Lampenkopf konsequent für die Nutzung draussen optimiert. Und dabei sehr sauber und robust verarbeitet.

Anja bei Tageslicht mit einem Beautydish von vorne leicht seitlich versetzt
Anja bei Tageslicht mit einem Beautydish von vorne leicht seitlich versetzt

Am Sonntag habe ich dann noch in einer äußerst provisorischen Studioumgebung meines Wohnzimmers das 30x180cm Striplight ausgepackt und meine ersten zarten Gehversuche in der Aktfotografie probiert.

Mein allererster Gehversuch in der Aktfotografie. Lichtquelle ist ein 30cm mal 180cm Striplight.
Mein allererster Gehversuch in der Aktfotografie. Lichtquelle ist ein 30cm mal 180cm Striplight.

Tja, was soll ich sagen: in diesen Testtagen hat sich für mich eine völlig neue Fotografiewelt eröffnet. Ich glaube, ich fange gerade erst an zu fotografieren…