4 Wochen Nikon D7000 – Eine Einschätzung

Vor vier Wochen war ich einer der Glücklichen, die eine D7000 am ersten Verkaufstag in Empfang nehmen konnte. Seit dem habe ich die neuste Nikon Spiegelreflexkamera sehr oft dabei gehabt, mehrere Fussball und Handballspiele fotografiert, einige Videos gedreht und auch schon über 3000 Auslösungen mit ihr getätigt. Zeit für eine persönliche Einschätzung.

Gekauft habe ich mir die D7000 aus drei Gründen: ich brauche eine Zweitkamera neben meiner D3, bei der Sportfotografie hat die automatische Brennweitenverlängerung durch den kleineren Sensor seine absolute Berechtigung und ich wollte die Option auf Videoaufnahmen.

Ich bin ehrlich: nach einer Woche wollte ich die Kamera schon wieder zurückbringen. Es ist allerdings auch unfair eine D7000 mit einer D3 zu vergleichen. Will ich auch nicht, aber es ist eben auch eine Umstellung plötzlich wieder mit einer Cropkamera zu arbeiten.

Was mich stört:

  • ich fotografiere mit dem linken Auge und habe den Autofokus hinten auf den AE-L/AF-L Knopf gelegt, weil ich gerne Scharfstellen und Auslösen in der Bedienung entkoppele. Die D7000 ist allerdings so klein, dass ich erst lernen musste, wie ich meinen Kopf halten muss, damit ich beim Scharfstellen auch durch den Sucher schauen kann. Beim hochkantigen Fotografieren ist das sogar noch störender. Abhilfe schafft für letztere vermutlich nur der Batteriegriff.
  • der automatische Weißabgleich ist in bestimmten Situation einfach unbrauchbar. Dazu gehört nach meiner bisherigen Erfahrung alles jenseits der ISO1600 Schwelle. Unterbelichtung macht es noch schlimmer. Das Problem ist die zu starke Bewertung des Rotkanals. Abhilfe schafft das manuelle Einstellen des Weißabgleichs und das exakte Belichten.
  • die Schärfe ist im Sucher nicht exakt zu beurteilen. Bei meiner D3 sehe ich schon im Sucher, ob mein Bild scharf wird oder nicht – der kleinere Sucher der D7000 erschwert diese Beurteilung erheblich. Das fällt bei ruhigen Aufnahmesituationen kaum ins Gewicht, aber die habe ich nur selten. Abhilfe? Wenn ich weiß, ich habe nur eine Auslösung zur Verfügung und ich muss das Bild auf jeden Fall haben, dann nehme ich die D3.
  • erschwerend zum vorher genannten Punkt kommt, dass ich den OK Knopf nicht für die schnelle 100% Ansicht programmieren kann. (Hier ist erklärt, was ich meine.) Ich hoffe, Nikon schafft mit einem Firmware-Update hier noch Abhilfe.

Womit ich leben kann:

  • der Autofokus ist langsamer als der von der D3. Laufende Sportler kann der Autofokus nicht scharf halten. Auch nicht mit wirklich schnellen AF Objektiven, wie zum Beispiel meinem 200/2. Allerdings muss ich gestehen, dass ich über die Exaktheit des AFs auch bei dunklen Lichtsituationen und Verwendung eines Randsensors positiv überrascht bin.
  • das Rauschen ist über ISO1600 schon deutlich in den Details spürbar. Aber für Zeitungen reicht die Bildqualität bis ISO3200. Für eine Cropkamera ist das – wie ich finde – ein ordentlicher Wert. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich mich bemühe nicht über ISO2000 zu kommen und bei einigen dunklen Hallen froh bin, lichtstarke Objektive zu besitzen. (Gelesen habe ich, dass der interne Rauschfilter so einsetzt, dass es sinnvoll ist bis ISO320 oder bis ISO800 zu arbeiten.)
  • die interne JPG Engine ist nicht wirklich berauschend. Es ist mehr aus den Daten herauszuholen, wenn Du in RAW fotografierst. Auch bei der Schärfe!

Was mir wirklich gut gefällt:

  • der Detailreichtum und der Belichtungsumfang bei niedrigen ISO Zahlen und bei Verwendung einer guten Linse ist fantastisch. Absolut auf Vollformatniveau – ich glaube bei ISO100 sogar darüber.
  • auch wenn die Ausmaße der Kamera beim Bedienen gewöhnungsbedürftig sind, ist die D7000 gerade durch ihre Kleinheit eine grandiose Immerdabeikamera.
  • 6 Bilder pro Sekunde reichen mir völlig aus und werden auch sehr zügig auf die SD-Karten geschrieben.
  • der zweite Kartenslot passt prima zu meinem Workflow am Spielfeldrand und das SD Format passt perfekt zu meinem Macbook Pro. Ich kann nun ohne weiteren Kartenleser zwei Karten gleichzeitig auslesen.
  • die Verarbeitung ist sehr wertig und die Haptik – für so eine kleine Kamera – wirklich angenehm.
  • die Bedienbarkeit von Live-View und somit auch vom Videomodus ist perfekt umgesetzt.
  • meine alten AI-S Linsen erscheinen im Videomodus in neuem Licht. Und es ist einfach schön ein 35/1.4 und ein 50/1.2 perfekt nutzen zu können. Hier ein kurzes Filmchen mit dem AI-S 35mm f/1.4 bei Offenblende.
  • es ist so geil, ein 300mm f/2.0 zu besitzen 🙂

Mein persönliches Fazit: die D7000 ist für meine Einsatzzwecke eine sehr gute Zweitkamera. Während allerdings meine D3 in vielen Situationen ein „No-Brainer“ ist – ich also nicht großartig nachdenken muss, um ein gutes Bild realisieren zu können – muss ich mich mit der D7000 mehr und intensiver beschäftigen, um tolle Fotos aufnehmen zu können. Außerdem ist der Einsatzzweck limitierter als bei einer Vollformatkamera. Ich bin trotzdem froh die D7000 zu besitzen und gebe sie so schnell auch nicht mehr her!

Eine weitere sehr dezidierte und vor allem technische Auseinandersetzung mit der D7000 findet ihr im Nikon Fotografie-Forum.

Hier noch ein paar Bilder aus dem Sportbereich.

  1. Schöne Einschätzung. Aber da scheint die Welt doch in Ordnung zu sein. Gute Leistung der D7000, aber der Vollformat-Killer ist sie eben doch nicht. Wäre ja auch noch schöner 😉

    Wie gut, dass ich mit dem rechten Auge fotografiere 😎 Solltest Du eine Umfrage draus machen. Fände ich echt mal interessant.

  2. Nach dem IMO überzogenen anfänglichen Hype um die Kamera freue ich mich auch mal eine realistische und vor allem praxisnahe Einschätzung zu lesen. Klasse! Ich habe die Kamera jetzt knapp einen Monat mit ca. 2000 Auslösungen und bin voll zufrieden. Mein Aufgabengebiet ist aber wohl etwas weniger hektisch.
    Als ebenfalls Linksäugler kann ich das gefreggel mit der AE-L/AF-L-Taste nur bestätigen. Frage auch nicht, wie oft ich schon sinnlos auf den Video-Aufnahmeknopf gedrückt und mich gewundert habe, dass mir der Fokus abhaut. Das Ding ist definitiv zu nah am Auge.
    Grüße m.

  3. Pingback: Die WENZEL Gruppe
  4. Cooler Bericht, der Bokeh Film ist so schön aber mir fahrt die Musik unheimlich ein dazu was ist das ?
    Wunderbares Farbspiel im Wasser…
    Deine Optiken sind sehr edel und wirkungsvoll.
    Das mit erschwertem Scharfstellen auf DX hab ich auch, drum das FX wie du sagst weit leichter bei Motiven mit starker Bewegung…
    Die D7000 ist eher was für 100 Iso Freaks, weil wie du sagst Detail ist sicher molto bene.
    Klasse zweit Kam für dein top Glas und Crop.
    dein 200 wird das 300 f2 — Kawumm.

  5. Hallo Gast (von http://www.photoscala.de/Artikel/Nikons-D7000-in-der-Praxis) oder möglicherweise Stefan Groenveld höchst selbst?

    Dieser Beitrag

    http://www.stefangroenveld.de/hardware/4-wochen-nikon-d7000-eine-einschatzung/

    hat mir wirklich gut gefallen! Auf die Bemerkung „es ist so geil, ein 300mm f/2.0 zu besitzen“ bin ich trotz Smiley erstmal reingefallen. Donnerwetter, da hat ja wirklich einer ein Exemplar des ultralichtstarken und sündteuren 2/300 AF-ED, war der erste Gedanke.

    Ja, dann habe ich gemerkt, dass es „nur“ das per 1,5-fach Cropfaktor verlängerte 2/200 Nikkor ist…

    Abgesehen davon, wer mal erahnen will, wie das wahre 2/300 wohl war, findet hier entsprechenden Lesestoff:

    http://www.photosynthesis.co.nz/nikon/lenses.html

    http://www.cameraquest.com/nf3002.htm

    Und wer noch 14000 Dollar übrig hat, kann hier mitbieten:

    http://cgi.ebay.com/ws/eBayISAPI.dll?ViewItem&item=370479350774+

    Wobei mir nicht klar ist, ob man diese öfter auftauchenden 2/300 Versionen, umgebaut für die Arri-Filmkamera wieder auf Nikon „zurückbauen“ kann.

    Ansonsten sehr gute Seite: stefangroenveld.de!! Statt des unsäglichen Gelabers in einschlägigen Foren. Und Danke für: Sofortbild von einer Nikon auf einen Mac

    Viele Grüße aus Bonn vom bekennenden Amateur und Basketballknipser

    Ralf Jannke

    1. Moin Kollege,

      den Kommentar unter Deinem schönen Artikel habe ich nicht geschrieben, aber prima, dass er Dich zu mir und mich dann wieder zu Dir geführt hat.
      Das „echte“ 300/2 ist im AF zu langsam für einen Sportfotografen 😉

      Viele Grüße
      Stefan

      1. @Stefan Groenveld,

        Hallo Stefan

        Jetzt wird das „echte“ 2/300 mm Nikkor auch mit Nikon-Bajonett (!) endlich „preiswerter“:

        http://cgi.ebay.com/ws/eBayISAPI.dll?ViewItem&item=250771670409+

        Durchschauen mit einer D3/700 hintendran oder gar einer D2xx/3xx/7000 als 2/450 würde ich schon gerne mal. Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, wie damit vom Einbein oder gleich vom noch unflexibleren Dreibein damit Sport hätte fotografiert werden können/müssen…

        Vermutlich gab es in der Vergangenheit ein paar erfahrene Profis mit organisch gesunden Augen, die mit diesem Klotz auch bewegte Motive manuell (!) und sicher nachfokussieren konnten. Aber heute? Und das 2/300 stammt aus Zeiten, wo man hochempfindlichen oder entsprechend gepushten Filmen ihre ISO-Zahl schon „auf große Entfernung“ ansah.

        Ich erinnere mich da an einen Jubiläumskalender 10 Jahre Basketball, wo ein A3+ ein Abzug des damals sensationellen ISO 800 Fuji Farbnegativfilms drin war. „Das“ hat man damals toll gefunden. Und heute? „Es tränten einem bald die Augen“ bei Anblick des „Körnerfotos“…

        In der Tat? Wozu ein 2/300, wenn die D3s zumindest für die Tageszeitung ISO 25600 zulässt… Von der 100K ISO-Grenze ganz zu schweigen…

        Bis dann, aber das 9999 Euro 2/300 wollte ich dann doch noch nachreichen…

        Ralf Jannke

        PS.: Trotzdem schade, dass so ein Sahneteil dann vielleicht in der Vitrine eines kranken Sammlers endet…

  6. Hey Stefan,

    angenommen du würdest die D7000 als einzige Kamera beim Fussball mit einem 70-200/2.8 nutzen. Wie würdest Du den AF einstellen ?

    Gruss

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